Das Grünland bei Kreiensen

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Kurztext Das Grünland bei Kreiensen
GPS-Koordinaten:
51° 51′ 18.0432″ N
9° 57′ 28.926″ E

Das Grünland bei Kreiensen

Das Grünland bei Kreiensen
Abzweigung des Europaradwegs R1 vom Leine-Heide-Radweg

Wenn Sie den Leine-Heide-Radweg von Süden kommend befahren haben, sind Sie auch ein ganzes Stück auf dem geschichtsträchtigen Europaradweg R1 gefahren. Dieser führt über 4.500 km als Radfernweg von London nach Helsinki. Der erste, 275 km lange, Teilabschnitt des R1 wurde in den Jahren 1984 bis 1988 zwischen Höxter an der Weser und Zwillbrock an der niederländischen Grenze als erster selbständiger Fernradweg gebaut. Als Erfinder, Initiator und Koordinator gilt der damalige Leitende Kreisbaudirektor Hans Mussenbrock aus Höxter. Am Altendorfer Berg von Einbeck kommend, trifft der Europaradweg R1 den Leine-Heide-Radweg und verläuft gemeinsam mit ihm bis zu dieser Kreuzung vor Kreiensen, an der sich die beiden Radwege wieder trennen. Folgen Sie weiter dem Europaradweg, kommen Sie an der Stadt Bad Gandersheim, dem Veranstaltungsort der Landesgartenschau 2023 vorbei. Folgen Sie dem Leine-Heide-Radweg in Richtung Alfeld, erwarten Sie noch die Stationen Pumpspeicherkraftwerk Erzhausen und Selterklippen.

An der Kreuzung stehend sehen Sie um sich herum Grünlandflächen. Grünland kann ein Biodiversitäts-Hotspot sein. Hier direkt am Standort allerdings nur in eingeschränkter Form. Artenreiche Grünlandflächen sind Lebensraum für zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Von den in Deutschland gefährdeten Arten der Farn- und Blütenpflanzen haben etwa 40 % ihren Verbreitungsschwerpunkt im Grünland. Typische Vertreter für artenreiches Grünland sind beispielsweise die Kuckucks-Lichtnelke (Silene flos-cuculi), der Brennende Hahnenfuß (Ranunculus flammula), der Schlangen-Knöterich (Bistorta officinalis), die Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum), das Gewöhnliche Ruchgras (Anthoxanthum odoratum), das Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis), der Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys), die Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis) und viele weitere Vertreter der natürlichen Wiesenvegetation. Auch der dramatische Rückgang der Artenzahlen bei Wildbienen und Schmetterlingen steht in direktem Zusammenhang mit dem Rückgang des artenreichen Grünlands. Viele bedrohte Wildbienen sind Nahrungsspezialisten (oligolektisch), d. h., die Bienen sammeln nur Pollen an einer bestimmten Pflanze, einer Pflanzenfamilie oder -gattung. Die Bärenklau-Sandbiene (Andrena rosae) sammelt beispielsweise oligolektisch an Doldenblütlern (Apiaceae). Die Bedornte Schneckenhausbiene (Osmia spinulosa) sammelt oligolektisch an Korbblütlern (Asteraceae) und baut ihre Nester ausschließlich in leeren Schneckenhäusern. Die Senf-Blauschillersandbiene (Andrena agilissima) ist spezialisiert auf Kreuzblütler (Brassicaceae). Diese starke Spezialisierung dieser

und vieler weiterer Wildbienenarten birgt eine große Abhängigkeit vom Vorkommen dieser Pflanzen in unserer natürlichen Wiesenvegetation. Eine Abhängigkeit, die auch bei den Schmetterlingen gegeben ist. Zu den Wiesenschmetterlingsarten gehören unter anderem der Rostfarbige Dickkopffalter (Ochlodes sylvanus), der Aurorafalter (Anthocharis cardamines), der Kleine Feuerfalter (Lycaena phlaeas), der Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus), das Kleine Wiesenvögelchen (Coenonympha pamphilus) und das Große Ochsenauge (Maniola jurtina). Ebenfalls vielfach übersehen wird die herausragende Bedeutung des artenreichen Grünlands für den Gewässer-, Boden- und Klimaschutz. Eine hohe Vielfalt an Gräsern und Kräutern hat nachweislich eine positive Wirkung auf die Grundwasserqualität und die Speicherkapazität von Kohlenstoff im Boden. Überhaupt sind unsere Grünlandflächen nach den Mooren der zweitwichtigste Kohlenstoffspeicher. Der Erhalt artenreicher historischer Wiesen und Weiden hat somit auch für den Klimaschutz eine große Bedeutung. Aufgrund seines hohen Grünlandanteils trägt Niedersachsen eine besondere Verantwortung für den Schutz und den Erhalt artenreicher Grünlandflächen.

Doch Grünland ist nicht gleich Grünland. In den letzten Jahren ist es zu einem dramatischen Rückgang von artenreichen Grünlandflächen im ganzen Bundesgebiet gekommen. Dabei kann unterschieden werden zwischen dem Verlust von Dauergrünland an sich, welches zu Ackerland umgebrochen wird, und dem Rückgang artenreicher Grünlandflächen, welche in intensiv genutzte Vielschnittwiesen umgewandelt werden. Die wichtigste Ursache für den Rückgang des Dauergrünland-Anteils ist die Intensivierung der Landwirtschaft. Die Erträge von artenreichem Grünland sind geringer als bei intensiv gedüngten Vielschnittwiesen. In den letzten Jahrzehnten entstanden Vielschnitt- bzw. Fettwiesen insbesondere, weil viele Wiesen immer stärker gedüngt wurden. Solche Wiesen werden heute vier- bis sechsmal jährlich gemäht und in der Regel zur Silage-Herstellung genutzt. Die Weidetiere verbleiben im Stall und werden mit Silage gefüttert. Eine Beweidung findet auf diesen Wiesen nicht mehr statt. Auf so einem intensiv genutzten Grünland gibt es häufig nur noch fünf bis zehn verschiedener Gräser- und Kräuterarten. Die ursprüngliche Artenvielfalt ist dahin, und auch die oben erwähnten Vorteile extensiv genutzter Wiesen und Weiden für Klima-, Boden- und Wasserschutz sind deutlich verringert. So sind über die vergangenen Jahrzehnte viele Blumen auf Wiesen und Weiden aus unseren Landschaften verschwunden. Die

Vielschnittwiese kommt meistens nicht zum Blühen, da sie häufig schon Ende April, spätestens Anfang Mai zum ersten Mal gemäht wird. Und wenn sie doch zum Blühen kommt, dann ist sie an dem monoton einheitlichen Gelb des Löwenzahns (Taraxacum sect. Ruderalia) oder dem Weiß des Wiesen-Kerbels (Anthriscus sylvestris) zu erkennen. Solche eintönigen, häufig gemähten und intensiv gedüngten Fettwiesen dominieren mittlerweile das Landschaftsbild. Sie bieten nur noch einer geringen Anzahl an Insekten (hauptsächlich Generalisten, d.h., diese Tiere nutzen eine Vielzahl an Pflanzen, Pflanzen-Gattungen und -Familien als Nahrungsgrundlage) Lebensraum, und spezialisierte Insektenarten gehen zusammen mit ihren dazugehörigen Pflanzenarten verloren.

Lediglich an Stellen, die nicht oder nur mäßig bewirtschaftet werden, überlebt eine gewisse Vielfalt an Vegetation, wie hier gut an Zaun-Altbeständen zu sehen ist. Wegen der Überreste der Umzäunung wird dort gar nicht oder nur wenig gemäht. Auch an Hanglagen, Hecken oder anderen baulichen Hindernissen ist dieses Phänomen zu beobachten.

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